Nachfolgend ist die interessante Denkschrift der Reichsbahndirektion Berlin zum K44-Stellwerk in der Ausführung der Firma Pintsch aus dem Jahr 1943 samt kritischer Betrachtungen zum Schwenkhebel als Organ für die Weichenbedienung sowie ein Nachtrag zur Denkschrift aus dem Jahr 1944 wiedergegeben. Die Texte werden soweit wie möglich originalgetreu wiedergegeben, lediglich geringfügige Korrekturen am Layout und bei offensichtlichen Schreibfehlern wurden vorgenommen.
Reichsbahndirektion Berlin
D A S G L E I S P L A N - S T E L L W E R K
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mit
Drucktasten-Steuerung
Denkschrift
von
Dr.Ing. Gläsel
u. A. Buchholz
XXXXXXXXXXX
Berlin
30. Oktober 1943
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Inhalt
Seite
A. Stichworte 1
B. Grundsätzliches 2
Abschnitt 1) Aufgabenstellung 2
" 2) Allgemeiner Aufbau 4
" 3) Bedienung 4
" 4) Das Blinken 5
" 5) Tasten 5
" 6) Stellbezirke 7
" 7) Weichen und Gleissperren 8
" 8) Signale 9
" 9) Block 10
" 10) Abhängigkeiten 10
C. Begründungen und Erläuterungen 18
Zu 1) Aufgabenstellung -
" 2) Allgemeiner Aufbau 18
" 3) Bedienung 22
" 4) Das Blinken 25
" 5) Tasten 25
" 6) Stellbezirke 26
" 7) Weichen und Gleissperren 27
" 8) Signale 29
" 9) Block 30
" 10) Abhängigkeiten 30
Zusammenstellung I: Bedienungshandlungen für die
Regelausführung 37
Zusammenstellung II: Abweichungen vom Regelfall 39
Anhang: Betrachtungen zum Schwenkhebel 43
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A. Stichworte
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als Richtschnur für den Aufbau.
1) Volle Ausnutzung der neuen technischen Mittel.
2) Keine Bindung an Bestehendes und an Vorschriften.
3) Volle Ausleuchtung.
4) Geographie.
5) Zweihand-Bedienung.
6) Fahrweg und Fahrstraße.
7) Fahrdienstleiter allein stellt alle Hauptsignale.
8) Alle Signale von Hand gestellt (Regelfall).
9) Automatik nach Bedarf (Umleitbetrieb).
10) Jeder einfachere Fall möglich.
11) Alle Betriebsarten möglich:
zentrales Stellwerk oder
zentrales Stellwerk + Wärterstellwerk, auch zeitweise
abschaltbar.
12) Ausweichanlage.
13) Rangieren
a. Kleinarbeit als freie Rangierbewegung,
ohne Signal, Fahrwegbildung durch Einzel-
bedienung der Weichen.
b. als gebundene Rangierfahrt mit Signal, Fahrweg-
bildung mit Festlegung (Voraussetzung für Signal-
gebung).
14) Wechselstrom.
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B. Grundsätzliches
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Abschnitt 1) Aufgabenstellung
Die Hauptaufgabe, die mit dem neuen Kraftstellwerk verbunden
ist, wird darin gesehen ein System zu finden und festzulegen,
das
1. auf bestimmten Grundfestsetzungen aufgebaut ist,
2. zu einer Lösung als Regelfall führt, die den zeit-
lichen Anschauungen und Forderungen an ein Kraftstell-
werk entspricht und auf längere Zeit genügen wird, und
3. so gestaltet ist, daß
einerseits jede Mischlösung mit den bestehenden tech-
nischen Anlagen bleibt und daß
andererseits die Entwicklung nach der Seite der
vollen Selbsttätigkeit nicht gehindert wird.
Das "Niveau", auf dem dieser Regelfall angesetzt wird, ist
durch drei Faktoren bestimmt:
die sicherheitlichen Notwendigkeiten,
die sicherungstechnischen Forderungen und
die konstruktiven Möglichkeiten
und läßt sich nur aus der Kenntnis des Betriebes, aus der
fachmännischen Erfahrung und aus den heutigen Leistungen
der Technik, insbesondere der Signalbautechnik festlegen.
Seine Höhe unterliegt also zum Teil der persönlichen Auf-
fassung und läßt sich nicht konstruieren oder beweisen.
Ist nun aber der Regelfall einmal gebildet und festgelegt,
so muß er auch als allgemeiner Maßstab für die Beurteilung
aller Einzelfragen und Sonderfälle festgehalten werden.
Sonst ist die Bildung eines einwandfreien und in sich logi-
schen Systems nicht zu erhoffen.
Versucht man die vorstehenden Darlegungen graphisch darzu-
stellen, so kommt man ungefähr zu folgendem Bild:

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a = sicherheitlicher Anteil
b = sicherungstechnischer Anteil
c = konstruktiver Anteil
Diese erste Aufgabe kann als der wissenschaftliche Anteil
an der Lösung der gestellten Aufgabe betrachtet werden.
Sie ist entscheidend für den bleibenden Wert der ganzen Ar-
beit und unabhängig von der technischen Lösung.
Die zweite Aufgabe besteht in der technischen Gestaltung
des neuen Stellwerks. Diese wird hauptsächlich bestimmt
durch die heute oder später vorhandenen technischen Mittel.
Es ist also möglich, daß sich die Ausführung mit der Zeit
ändert.
Bei allen Überlegungen in konstruktiver Hinsicht ist als
Leitgedanke festgehalten worden, die Zahl der mechanischen
Vorgänge soweit irgend möglich einzuschränken und durch
elektrische Vorgänge zu ersetzen.
1. sind alle mechanischen Lösungswege schwerfällig, erfor-
dern viel Arbeit in der Fertigung und sind der Weiterent-
wicklung hinderlich,
2. ist der elektrische Schaltvorgang mit Hilfe eines Relais
technisch einer der einfachsten mechanischen Vorgänge,
stets gleichbleibend und auch in der vielfältigsten Wieder-
holung - elektrisch und technisch absolut sicher beherrsch-
bar, bietet auch der fernsten Stufe einer denkbaren Weiter-
entwicklung keinerlei Hinderung und entspricht im Relais
als dem Gerät einer ausgesprochenen Massenfertigung
dem Gebot der Zeit,
3. ist es ja der Grundgedanke des neuen Stellwerks, ein elek-
trisches Kraftstellwerk zu bauen, bei dem also die elek-
trischen Dinge im Vordergrund stehen und nicht die mecha-
nischen, oder die mechanisch-elektrischen, wie bei den bis-
herigen Bauformen der Kraftstellwerke. In allen Fällen,
wo eine elektrische oder eine mechanische Teillösung mög-
lich gewesen wäre, ist daher die elektrische gewählt wor-
den.
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Abschnitt 2) Allgemeiner Aufbau (Seite 18)
Das Gleisplan-Stellwerk ist eine Vereinigung von Gleista-
fel und Schalterwerk und ist als Tisch-Schalterwerk mit
Drucktastenbedienung gebaut (Steuertisch). Der Tisch ent-
hält den Gleisplan. Die Tasten sind nach Möglichkeit dem
gesteuerten Teil beigeordnet (Geographie). Weichentasten
z.B. sitzen in der betreffenden Weiche, Signaltasten beim
Signal. Die Gleise sind im allgemeinen ausgeleuchtet. Die
Stellung der Signale ist im Gleisbild wiederholt. Die Stel-
lung der Weichen wird durch die Ausleuchtung unmittelbar
angezeigt. Gleissperren werden als Gleisstumpf dargestellt.
Hörbare Zeichen sind nur in einem besonderen Fall angeord-
net. Das Gleisplan-Stellwerk wird mit Wechselstrom betrie-
ben.
Abschnitt 3) Bedienung (Seite 22)
Der Bedienung liegt die Vorstellung des Fahrweges zugrunde.
Bei der Bedienung sind 2 Tasten gleichzeitig zu drücken:
bei den Weichen diejenigen Weichentasten, die den beab-
sichtigten Fahrweg bestimmen,
bei den Signalen: die Taste am Signal und eine Gruppen-
taste,
bei Auflösung, Widerruf usw: die betreffende maßgebende
Gleistaste und eine Gruppen-
taste,
bei sonstigen Vorgängen, z.B. Umleitbetrieb: 2 zugeordne-
te Tasten.
Das Drücken nur einer beliebigen Taste ist wirkungslos.
Diese Regel gibt eine klare Vorstellung und eine eindeutige
und einheitliche Handhabung und macht unbeabsichtigtes
Drücken einer Taste unschädlich. Schwierige Ausbildung und
Bedienung der Tasten (Dreh-Druck-Taste, Klapp-Druck-Taste,
sonstige Schutzvorkehrungen) sind so vermieden.
Die Zeit, während der 2 Tasten gemeinsam gedrückt sein
müssen, entspricht nur der Ansprechzeit eines Relais, be-
trägt also nur einen Bruchteil einer Sekunde.
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- 5 -
Die Weichen können
einzeln gestellt werden durch ihre eigenen Tasten oder
gruppenweise durch je 2 Fahrwegtasten.
Für benachbarte Weichen können die Tasten in der Regel zu-
sammengelegt werden.
Rangiersignale werden durch den Wärter bzw. Fahrdienstleiter
gestellt.
Hauptsignale werden in allen Fällen ausschl. durch den Fahr-
dienstleiter gestellt (Handbedienung).
Wenn ein eingeleiteter Stellvorgang wegen einer Störung nicht
ausläuft, so kann er vom Stellwerksbeamten selbst versuchs-
weise wiederholt werden.
Festlegung der Fahrstraße für mehrere Züge hintereinander,
selbsttätige Stellung der Signale auf Fahrt, sowie vollau-
tomatischer Betrieb und dgl. lassen sich bei Bedarf einrich-
ten und wahlweise einschalten und zurückschalten.
Abschnitt 4) Das Blinken (Seite 25)
Blinken ist das Kennzeichen für die Aufforderung, eine Be-
dienung vorzunehmen. Es blinken
bei Weichen (und Gleissperren):
der dunkle Weichenstrang (30 Blinke),
bei den Fahrstraßentasten (Zustimmungsanforderung):
die Tasten selbst (30 Blinke).
Ferner wird das Blinken noch als Kennzeichen für eine aufge-
schnittene Weiche benutzt (90 Blinke). Es blinkt derjenige
Weichenstrang, dessen Taste bedient werden muß, damit die
begonnene Bewegung zu Ende geführt werde.
Geht das blinkende Licht in ruhendes Licht über, so ist das
die Rückmeldung, daß der Steuervorgang vorschriftsgemäß zu
Ende gelaufen ist.
Abschnitt 5) Tasten (Seite 25)
Es werden unterschieden:
Gleistasten, die in den Gleisen angeordnet sind,
Gruppentasten, )
sonstige Tasten) außerhalb der Gleise
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Zu den Gleistasten gehören:
Weichen- und Gleissperrentasten (blau - nicht leuchtend)
Fahrwegtasten (blau mit grünem Ring - Leuchttaste)
Fahrwegtasten mit Rangiersignal (blau mit rotem Ring -
Leuchttaste)
Die Gruppentasten heißen:
a) für die laufende Benutzung:
1. Fahrtsignal, zum Stellen der Haupt- und Vorsignale auf
Fahrt und der Rangiersignale auf Fahrterlaub-
nis
2. Widerruf, zum Auflösen von eingestellten Rangier-Fahr-
wegen im Bezirk des Wärters oder des Fahrdienst-
leiters,
zur Rücknahme des Rangiersignals,
zur Auflösung einer im Durchrutschweg liegenden
Teilfahrstraße,
zur Rücknahme einer Zustimmungsanforderung,
zur Rückgabe eines Zustimmungsempfangs,
zur Auflösung einer eingestellten Fahrstraße
beim Unterbleiben einer Fahrt oder bei Fahrt-
wechsel, solange das Hauptsignal noch nicht auf
Fahrt war (nur beim Fdl).
b) für Störungsfälle:
3. Not-Rücknahme (nur beim Fdl).
zum Löschen eines Fahrtsignals, wenn es fälschlich
auf Fahrt bleiben sollte, oder bei Gefahr vorzeitig
auf Halt gelegt werden muß,
zum Auflösen einer Fahrstraße von Hand,
wenn die Auflösung durch den Zug versagt, oder
wenn ein Fahrtsignal ohne Zugfahrt zurückgenom-
men werden muß.
4. Ersatzsignal
zum Anschalten des Ersatzsignals,
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- 7 -
5. Weichen-Entsperrung
zur Beseitigung der Weichensperrung beim Versagen der
Gleisfreimeldung der betreffenden Weiche
6. Wecker-Abschaltung
zum Abschalten des Störungsweckers einer aufgefah-
renen Weiche
Zu den sonstigen Tasten gehören die Umleittasten, beispiels-
weise:
1. Regelbetrieb und Durchfahrt
zum betriebsmäßigen Ein- und Ausschalten der Fahr-
straßenauflösung, wenn mehrere gleiche Fahrten
einander folgen, z.B. eine Gruppe von D-Zügen
mit Durchfahrt durch einen Bahnhof, damit der
Fdl nur die Signale zu bedienen hat. Bei "Durch-
fahrt" leuchten die betreffenden Gleisnummern
auf.
2. Handbetrieb und selbsttätiger Betrieb
zum betriebsmäßigen Ein- und Ausschalten vollselbst-
tätiger Signalstellung, bei S-Bahn-Betrieb, Fern-
bahnbetrieb und Rangierbetrieb (z.B. Zusatzzei-
chen an den Hauptsignalen bei Umleitbetrieb).
3. Wärterstellwerk besetzt und Wärterstellwerk außer Betrieb
wenn ein abhängiges Stellwerk zeitweise abgeschaltet
werden soll, z.B. in den Stunden ohne Rangier-
verkehr (dann im Gleisplan nicht erleuchtet).
Abschnitt 6) Stellbezirke (Seite 26)
Das Gleisplan-Stellwerk ist geeignet,
als "zentrales Stellwerk" den ganzen Bereich eines klei-
neren oder mittleren Bahnhofs zu bedienen, wenn der
Betrieb, namentlich der Rangierbetrieb, dies zu-
lassen, oder
als "Fahrdienstleiter-Stellwerk" mit einem oder mehreren
abhängigen Wärterstellwerken zusammen zu arbeiten.
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- 8 -
Die Hauptsignale werden in beiden Fällen nur vom Fdl gestellt.
Der heutige Begriff des "Befehls" verschwindet damit. Es gibt
nur noch "Zustimmungen".
Die abhängigen Stellwerke können zeitweise außer Betrieb gesetzt
werden, z.B. in den Stunden ohne Rangierbetrieb, so daß der ganze
Bahnhof dann vom Fahrdienstleiter-Stellwerk aus bedient wird.
Die Bauart des Gleisplan-Stellwerks gestattet auch, die gesamte
Bedienung von einer Ausweichanlage aus zu besorgen.
Beim zentralen Stellwerk erfordert die Zugschlußprüfung und die
Zugmeldung, daß die Streckengleise bis zur benachbarten Zugfolge-
stelle rückwärts mit Gleisfreimeldung ausgerüstet werden. Die
Rückblockung kann dann zweckmäßig selbsttätig geschehen. Gleis-
freimeldung auf dem vorwärtsgelegenen Streckenabschnitt ist
empfehlenswert. Mischformen mit dem heutigen Handblock sind mög-
lich.
Abschnitt 7) Weichen und Gleissperren (Seite 27)
1. Die Ordnungsstellung der Weichen und zugleich ihre Lage wird
auf dem Gleisplan dadurch angezeigt, daß die "Vorlänge" und
der befahrbare Strang leuchten. "Vorlänge" nur im geometri-
schen Bild der Weiche.

2. Der Begriff "Grundstellung" ist entbehrlich, jedoch muß für
die Verschlußtafel zwischen Plus- und Minusstellung der Weiche
unterschieden werden. Als Plusstellung wird einheitlich die
Stellung auf das Stammgleis gewählt.
3. Läuft eine Weiche um, so sind beide Weichenstränge dunkel.
Die Vorlänge leuchtet weiter. Ein Weckerzeichen ist nicht
vorhanden.
4. Ist eine Weiche besetzt, so ist das gesamte Weichenbild
dunkel.
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- 9 -
5. Bei Besetztsein kann die Stellung der Weiche durch Drücken
der beiden Endtasten sichtbar gemacht werden.
6. Die Weichen sind in der Regel mit Hebelsperren ausgerüstet,
also während des Besetztseins gegen Umstellen gesperrt.
7. Bei Störungen kann die Hebelsperre durch Eingriff beseitigt
werden.
8. Jede Weiche kann einzeln umgestellt werden, und zwar durch
Drücken der zugehörigen Weichentasten (blau). Mehrere Weichen
können zur Herstellung eines Fahrweges oder Fahrwegteils
auch gruppenweise gestellt werden, und zwar durch Drücken
zweier Fahrwegtasten (blau mit Ring). Nur die zwischen diesen
beiden Tasten liegenden Weichen werden angesteuert (Regelfall).
9. Eine aufgeschnittene Weiche meldet sich durch ein Wecker-
zeichen und durch Blinken mit 90 Blinken desjenigen Stran-
ges, auf den die Weiche weiter umgestellt werden soll.
10. Bei Ungangbarkeit kann jede Weiche mit Hilfe einer Handkurbel
umgestellt werden.
11. Die Bedienung der Weiche durch 2 blaue Gleistasten und die
Anzeige der Stellungen und Vorgänge wird bei den Kreuzungs-
weichen sinngemäß angewendet. Die Ausleuchtung gibt eine ein-
deutige Meldung über den jeweils eingestellten Fahrweg. Der
bei der einfachen Kreuzungsweiche nicht mögliche Fahrweg
wird schaltungstechnisch ausgeschlossen.
Abschnitt 8) Signale (Seite 29)
Alle Hauptsignale werden als Lichttagessignale ausgebildet und
halbselbsttätig gesteuert. Der Fdl stellt sie von Hand auf
Fahrt, der Zug auf Halt.
Alle Rangiersignale werden als Lichttagessignale ausgebildet
und in der Regel halbselbsttätig gesteuert. Der Fdl oder der
Wärter stellt sie von Hand auf Fahrerlaubnis, der Wärter die
Rangierabteilung oder ein Zeitrelais auf Fahrverbot.
Die Handsteuerung auf Fahrt ist bewußt beibehalten worden.
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- 10 -
Selbsttätige Signalsteuerung kann eingerichtet werden, wird aber
dann als Sonderfall betrachtet.
Abschnitt 9) Block (Seite 30)
Der heutige Bahnhofsblock wird ersetzt durch direkte Schaltungs-
abhängigkeiten zwischen 2 Stellwerken.
Der Streckenblock nach beiden Seiten wird ersetzt durch Gleis-
freimeldeanlagen auf beiden Gleisen. Damit entfallen die Tasten-
sperre bei der Einfahrt und die Widerholungssperre bei der Aus-
fahrt. Auf den benachbarten Stellen erfahren die vorhandenen
Handblockeinrichtungen nur geringfügige Änderungen. Nach den
örtlichen Verhältnissen kann auch jede andere Zwischenlösung aus-
geführt werden.
Abschnitt 10) Abhängigkeiten (Seite 30)
1. Es werden unterschieden:
Fahrweg und Fahrstraße,
Fahrwegbildung und Fahrstraßenbildung,
Fahrwegfestlegung und Fahrstraßenfestlegung
Fahrweg erfaßt nur die zu befahrene Weichen und wird
gebildet durch Drücken zweier Fahrwegtasten
(blau mit grünem oder rotem Ring).
Fahrstraße erfaßt auch noch die Schutzweichen und Gleis-
sperren und wird gebildet durch Drücken zweier
Fahrstraßentasten (grün oder grün mit rotem Ring).
a) Fahrweg
2. Zur Bildung des Fahrweges sind jeweils diejenigen Weichen-
tasten zu drücken, die den zu befahrenden Fahrweg begrenzen.
Als Kennzeichen tragen sie einen Ring.
Beispiel: Rangierfahrt von Gleis 1 nach 3: (Vgl. Skizze des
Gleisplanes)
gedrückt werden die äußeren Tasten der Weichen 4 und 6
(hier Spitzentasten), die als Fahrwegtasten ausgebildet
sind. Dadurch werden die Weichen 4, 5 und 6 angesteuert.
Diese laufen in die gewünschte Lage und werden auf ihre
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neue Ordnungsstellung überprüft. Der Fahrweg ist damit ge-
bildet. Zugleich tritt eine Fahrwegfestlegung ein. Diese
Festlegung kann beliebig zurückgenommen werden durch Drücken
einer der beiden Fahrwegtasten zusammen mit der Gruppen-
taste "Widerruf". Die Wahl der Fahrwegtaste ist hierbei
freigestellt.
Vom "Fahrweg" wird beim Rangieren Gebrauch gemacht. Bildung
und Rücknahme liegen in der Hand des Wärters allein.
Der Fdl wirkt nicht mit.
Bei der Fahrwegbildung im eigenen Bezirk verfährt der Fdl
genau so.
Die "Fahrwege" werden nach den betrieblichen Bedürfnissen des
Bahnhofs eingerichtet.
3. Ist für einen Fahrweg ein Rangiersignal vorhanden, so wird
für beide Stellungen als Grundfall die Bedienung von Hand
angesehen, weil sie unter allen Betriebsverhältnissen anwend-
bar sein würde, und zwar ergibt die Bedienung:
Fahrwegtaste + Signaltaste = Fahrerlaubnis
Fahrwegtaste + Widerruftaste = Fahrverbot.
4. Das Rangiersignal Fahrerlaubnis wird von der eingetretenen
Festlegung des Fahrweges abhängig gemacht, eine Überprüfung
auf Freisein des Fahrweges findet aber nicht statt.
5. Hat ein Rangiersignal von selbst in die Grundstellung ge-
schaltet, z.B: durch eine Störung, so muß die Grundstellung
der gesamten Anlage herbeigeführt, der Fahrweg also aufgelöst
werden. Hierzu bedient der Wärter die betr. Fahrwegtaste
zusammen mit der Taste "Widerruf". Erst jetzt kann der Fahr-
weg wieder gebildet und das Rangiersignal Fahrerlaubnis erneut
gegeben werden.
b) Fahrstraße
6. Wird beim abhängigen Wärter durch den Fdl die Zustimmung
für eine Zugfahrt angefordert, soll also eine Fahrstraße ge-
bildet werden, so drückt der Fdl die beiden Gleistasten
(Fahrstraßentasten), die den zu befahrenden Weg begrenzen,
z.B. den von der Lok befahrenen Weg bei einer Einfahrt oder
Ausfahrt. Die beiden gedrückten Tasten blinken dann bei ihm
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- 12 -
und beim Wärter. Auch die zugehörigen Schutzweichen und Gleis-
sperren blinken. Der Wärter bedient nun alle blinkenden Tasten
und Weichen und Gleissperren, der Fdl alle blinkenden Weichen
und Gleissperren seines eigenen Stellbezirkes. Hierdurch wird
die Fahrstraße gebildet und selbsttätig festgelegt. Ist die
Festlegung vollendet, so hört das Blinken auf und die Tasten
und Schutzweichen zeigen bei beiden Bediensteten ruhendes
Licht. Die "Fahrstraße" ist hergestellt.
Beispiel: (Gleisplan umstehend)
Einfahrt A 1 nach Gleis 3:
gedrückt werden Taste 1 und 3, der Durchrutschweg
bis 4 wird schaltungsmäßig angehängt.
Ausfahrt D aus Gleis 3:
gedrückt werden Taste 3 und 4, der Fahrwegteil 2 - 3
wird schaltungsmäßig angehängt.
Durchfahrt setzt sich aus Einfahrt und Ausfahrt zusammen:
gedrückt werden Taste 1 und 3, 3 und 4.
Eine Überprüfung der Fahrstraße auf Freisein durch die Gleis-
relais hat bei der Bildung der Fahrstraße nicht stattgefunden.
Das soll durch den Stellwerksbeamten geschehen durch Augen-
schein in der Natur oder an Hand der Gleistafel.
7. Rücknahme der festgelegten Fahrstraße ist nur durch den Fdl
möglich, jedoch noch beliebig, solange kein Signal für diese
Fahrt auf Fahrt gestellt worden ist, "Freihaltung". Zur Rück-
nahme muß der Fdl die Gleistaste am Ende der betr. Fahrstraße
und die Taste "Widerruf" bedienen.
Zum Beispiel:
Angefordert war Einfahrt in Gleis 3: Zu bedienen
Taste 3 + Widerruf
" " Ausfahrt aus Gleis 3: Zu bedienen
Taste 4 + Widerruf
" " Einfahrt in Gleis 4: Zu bedienen
Taste 6 + Widerruf
" " Ausfahrt aus Gleis 4: Zu bedienen
Taste 4 + Widerruf
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8. Hat der Fdl im eigenen Bezirk eine Fahrstraße zu bilden, so
drückt er die betr. Gleistasten (grün). Hierdurch fangen an
zu blinken: die bedienten Gleistasten (zum Zeichen dafür, daß
die Fahrstraße angesteuert ist), und die Schutzweichen und
Gleissperren, soweit sie falsch liegen. Der Fdl stellt diese
durch Einzelbedienung in die richtige Lage, die Fahrstraßen-
weichen laufen selbsttätig um. Nunmehr tritt von selbst die
Fahrstraßenfestlegung ein. Die Gleistasten zeigen ruhendes
Licht.
9. Um ein Hauptsignal auf Fahrt zu stellen, bedient der Fdl die
betr. Gleistaste am Signal zusammen mit der Gruppentaste
"Fahrtsignal". Erst jetzt findet die Überprüfung der Fahr-
straße auf Freisein durch die Gleisrelais statt. Das Signal
geht auf Fahrt.
10. Das Ersatzsignal ist ohne jede Abhängigkeit bedienbar. Der
Fdl muß den Fahrweg durch Augenschein in der Natur oder anhand
der Gleistafel prüfen. In der Regel wird die Fahrwegbildung
mit Fahrwegfestlegung möglich sein. Sollte aber auch diese
versagen, so sollen die Spitzentasten der befahrenen Weichen
und der Schutzweichen durch Schutzkappen gegen Drücken gesperrt
werden. Die Bedienung ist durch Dienstvorschrift zu regeln.
11. Alle Fahrt-Signale können in Notfällen durch Bedienen der
betr. Gleistaste am Signal zusammen mit der Taste "Not-Rück-
nahme" in die Grundstellung gebracht werden.
12. Hat ein Hauptsignal aus irgend einem Grunde wieder in die
Haltstellung gewechselt: durch den Zug, oder durch Rücknahme
oder durch Störung, so muß die Grundstellung der gesamten An-
lage herbeigeführt und die Fahrt neu aufgebaut werden, ehe das
Signal erneut in die Fahrtstellung gebracht werden kann. Hier-
zu bedient der Fdl ggf. die betr. Gleistaste zusammen mit der
Taste "Notrücknahme".
Zwischen Ausfahr- und Einfahrsignal wird die übliche Abhängig-
keit geschaffen.
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13. Sollte der Fdl eine Fahrstraße (Zustimmung) anfordern, die
betr. Weichen aber schon richtig liegen, oder die Weichen
schon durch den Wärter in einen Rangier-Fahrweg einbezogen
sein, so blinken die Gleistafeltasten der angeforderten Fahr-
straße beim Wärter trotzdem. Der Wärter hat den Fahrweg ggf.
zu räumen und die blinkenden Gleistasten und ggf. Weichen zu
bedienen, worauf ruhendes Licht eintritt. Der "Fahrweg" ist
in die "Fahrstraße" übergegangen.
c) Vergleiche zwischen Fahrweg und Fahrstraße
14. "Fahrweg" und "Fahrstraße" sind Parallelerscheinungen und
im Aufbau das Gleiche.
Schaltungsmäßig und damit sicherheitlich ist
Fahrwegfestlegung = Fahrstraßenfestlegung
Der "Fahrweg" liegt in der Hand des Wärters,
wird mit blauen Tasten bedient,
erfaßt nur die befahrenen Weichen und
führt zum Rangiersignal.
Die "Fahrstraße" liegt in der Hand des Fdl,
wird mit grünen Tasten bedient,
erfaßt auch noch die Schutzweichen usw.
und führt zum Hauptsignal.
Wird ein Bahnhof von einem zentralen Stellwerk aus bedient,
so sind die Bedienungsvorgänge beim Fahrweg und bei der
Fahrstraße vollständig gleichlaufend und werden vom Fdl
ausgeführt.
Ist ein abhängiges Stellwerk vorhanden, so bleiben die
Bedienungsvorgänge an sich unverändert, nur wird ein Teil
davon dem abhängigen Wärter übertragen, und zwar:
die Fahrwegbedienung ganz, die Fahrstraßenbedienung
zum Teil. Dieser Teil wird aber vom Fdl angeregt
(Zustimmungsanforderung).
15. Die Blockabhängigkeiten werden vereinfacht.
Der rückwärtige Streckenabschnitt wird mit Gleisfreimel-
dung versehen und die Rückblockung selbsttätig über das
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Gleis gegeben. Im rückwärtigen Stellwerk bleibt das
Anfangsfeld bestehen. Es erhält Wuppertaler Schaltung.
Auf der Strecke sind nur 2 Leitungen erforderlich. Die
Tastensperre entfällt. Der Streckenabschnitt wird auf
der Gleistafel mit ausgeleuchtet (hell - dunkel).
Der vorwärts gelegene Streckenabschnitt erhält ebenfalls
Gleisfreimeldung und erscheint mit auf der Gleistafel
(hell - dunkel). Die Ausfahrsignale werden von dieser
Gleisfreimeldung abhängig gemacht. Damit entfällt die
Wiederholungssperre und die Rückblockung von der vor-
wärtsgelegenen Stelle. Auf der Strecke sind nur 2 Lei-
tungen erforderlich.
Sollte die Isolierung der Gleise nicht geschaffen werden
können, so sind andere Zwischenlösungen mit Handblock
möglich.
16. Stromversorgung
Das Gleisplan-Stellwerk wird ausschl. mit Wechselstrom
aus einem Orts- oder Überlandnetz betrieben. Mit Wechsel-
strom werden die Relais, die Weichenantriebe und die
Lichttagessignale gespeist.
Bei Netzausfall bestehen folgende Möglichkeiten
(1) Ersatznetz, wie in Berlin, mit selbsttätiger Um-
schaltung,
(2) selbst anlaufendes Notstromaggregat, das in 10 -
20 Sek. betriebsbereit ist und die gesamte Lei-
stung abgibt,
(3) Ersatznetz + Notstromaggregat (aber nur in be-
sonders wichtigen Fällen)
(4) Gleichstrom-Drehstrom-Umformer mit etwa 2 kVA Lei-
stung, betrieben aus einer kleinen Batterie, in
etwa 300 ms angelaufen, um die erste Unterbre-
chung der Speisung bei Netzausfall zu überbrücken,
keine Änderung der bestehenden Signalbilder.
Zufällig laufende Weichen erreichen ihre Endlage.
Weitere gruppenweise Umstellung von Weichen in
diesem Falle abschalten. Batterie auf 1/2 - 1
Stunde Betriebsdauer bemessen.
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Maschinensatz in die Umschaltung von Tag- auf
Nachtspannung einbeziehen, so daß täglich zwei-
malige betriebsmäßige Überwachung gewährleistet
ist.
17. Überwachung, Prüfeinrichtung
Beim heutigen Kraftstellwerk erfordern eine besondere
Nachprüfung
1. die Weichenschaltung,
2. die Signalschaltung (Kuppelstrom),
3. die Gradstellungen bei den Achskontakten der
Stellhebel,
4. die Kabel.
Das Gleisplan-Stellwerk ähnelt als rein elektrische An-
lage den selbsttätigen Signalanlagen und besitzt durch
den Aufbau der Schaltung und durch die volle Ausleuch-
tung des Bahnhofs und die dauernde volle Rückmeldung
aller Betriebs- und Schaltzustände auf dem Steuertisch
eine weitgehende Selbstkontrolle.
Zu 1):
Die Weichenschaltung mit Drehstrom erfordert keine zu-
sätzlichen Prüfeinrichtungen. Es ist eine selbständige
Plus- und Minusüberwachung vorhanden.
Zu 2):
Der Kuppelstrom muß wie bisher im einzelnen geprüft wer-
den. Zur Erleichterung der Prüfung werden gewisse Zu-
satzeinrichtungen geschaffen (nach Vorgang Minden).
Eine automatisch wirkende Einrichtung ist kaum denkbar.
Zu 3):
Die Frage der Gradeinstellung der Kontakte fällt weg.
Zu 4):
Für die Überprüfung der Kabel wird ein Erdschlußprüfer
geschaffen, der den Isolationszustand des Kabelnetzes
im ganzen oder von einzelnen Leitungsschleifen dauernd
überwacht oder stichprobenweise zu prüfen gestattet.
Eine Grenzwertmessung wie bei der Weichenschaltung
305011 wird als nicht ausreichend angesehen. Es müssen
die Veränderungen im Kabelnetz gemessen werden können.
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