Gemäß Verfügung 80 Ssb 654 der Deutschen Reichsbahn (Eisenbahnabteilungen im RVM) vom 16. August 1938 gelten fortan die nachfolgenden
Grundsätze für die Ausgestaltung der Sicherungs- und Fernmeldeanlagen auf Nebenbahnen
(Ausgabe 1938)
Die mit Verfügung 80 Ssb 393 vom 26. Februar 1934 herausgegebenen Grundsätze sind hierdurch überholt.
§ 1. – Allgemeines | ||||||||
1. | Die Grundsätze gelten für Nebenbahnen mit einer Höchstgeschwindigkeit bis höchstens 60 km/h und sind anzuwenden, wenn es sich darum handelt, die Sicherungs- und Fernmeldeanlagen anläßlich einer geplanten Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit zu ergänzen. Für Nebenbahnen mit einer Höchstgeschwindigkeit von mehr als 60 km/h gelten die für Hauptbahnen gegebenen Bestimmungen. Für Nebenbahnen mit vereinfachtem Betrieb wird auf die Bestimmungen in § 19 der „Vorschrift für vereinfachten Nebenbahnbetrieb“ verwiesen. | |||||||
2. | Die in der vollen Breite einer Seite gedruckten Bestimmungen gelten für alle Nebenbahnen mit einer Höchstgeschwindigkeit bis 60 km/h, | |||||||
die auf der linken Hälfte einer Seite nur für Nebenbahnen mit einer Höchstgeschwindigkeit bis höchstens 50 km/h, | die auf der rechten Hälfte einer Seite nur für Nebenbahnen mit einer Höchstgeschwindigkeit von mehr als 50 km/h bis höchstens 60 km/h. | |||||||
§ 2. – Einfahrsignale | ||||||||
Die Bahnhöfe sind mit Einfahrsignalen zu versehen. Als Einfahrsignale sind Hauptsignale zu verwenden. Wegen der anzuwendenden Signalbilder siehe § 6. | ||||||||
§ 3. – Ausfahrsignale | ||||||||
1. | Die Bahnhöfe sind mit Ausfahrsignalen zu versehen. Ausnahmen siehe (2). | |||||||
2. | Ausnahmen von der unter (1) gegebenen Bestimmung können Platz greifen, sofern keine Weichen vorhanden sind, die von Zügen bei der Ausfahrt mit mehr als 50 km/h befahren werden sollen, und der an dem Bahnhof anschließende Streckenabschnitt bis zum nächsten Bahnhof so übersichtlich ist, daß ein etwa entgegenkommender Zug im allgemeinen auf eine Entfernung von 500 m gesichtet werden kann. | |||||||
3. | Als Ausfahrsignale sind Hauptsignale zu verwenden. Wegen der anzuwendenden Signalbilder siehe § 6. | |||||||
4. | In der Regel sind Einzel-Ausfahrsignale aufzustellen. Bei einfachen Verhältnissen kann jedoch für alle Ausfahrwege ein hinter dem Zusammenlauf dieser Fahrwege anzuordnendes Gruppen-Ausfahrsignal verwendet werden, wenn
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5. | Wird aus einem Bahnhof nach mehreren Streckenrichtungen ausgefahren, so ist die Verwendung eines Gruppen-Ausfahrsignales nur dann zulässig, wenn dieses unbeschadet der Erfüllung der Forderungen unter (4) vor der Verzweigungsweiche aufgestellt werden kann (Bild 1). | |||||||
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6. | In der Regel ist davon abzusehen, außer dem hinter dem Vereinigungspunkt der Fahrwege angeordneten Gruppen-Ausfahrsignal verstellbare Gleissperrsignale der Einheitsform vor dem Vereinigungspunkt aufzustellen. Nur wo zu befürchten ist, daß ein zu überholender Zug das Fahrsignal am Gruppen-Ausfahrsignal irrtümlicherweise auf sich bezieht, ist die Ausfahrt aus dem Überholungsgleis durch ein Signal Ve 3 / Ve 4 einfachster Bauform zu sperren. | |||||||
§ 4. – Blocksignale | ||||||||
Die auf der freien Strecke liegenden Zugfolgestellen sind mit Blocksignalen zu versehen. Als Blocksignale sind Hauptsignale zu verwenden. Wegen der anzuwendenden Signalbilder siehe § 6. | ||||||||
§ 5. – Deckungssignale | ||||||||
1. | Bewegliche Brücken sind örtlich durch Signale (Hauptsignale oder Deckungssignale) zu decken und mit ihnen derart in Abhängigkeit zu bringen, daß die Haltstellung des Signals erst aufgehoben werden kann, wenn die Brücke geschlossen und verriegelt ist, und daß die Brücke nur entriegelt werden kann, wenn das Signal „Halt“ anzeigt (BO § 21 (5)). | |||||||
2. | Die in Schienenhöhe gelegenen Kreuzungen mit einer anderen Haupt- oder Nebenbahn sind durch Hauptsignale zu decken, die in gegenseitiger Abhängigkeit stehen (BO § 21 (6)). | |||||||
3. | Auf der freien Strecke liegende Weichen oder damit zusammenhängende Gleiskreuzungen sind durch Hauptsignale oder verstellbare Deckungsscheiben zu decken, wenn sie mit mehr als 50 km/h befahren werden sollen. Anschlußstellen können auch durch Hauptsignale benachbarter Betriebsstellen gedeckt werden, wenn die erforderlichen Abhängigkeiten vorhanden sind. | |||||||
§ 6. – Signalbilder am Hauptsignal | ||||||||
1. | Es ist zu verwenden, und zwar unabhängig davon, welche Höchstgeschwindigkeit für die betreffende Strecke allgemein zugelassen ist,
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2. | Bei Fahrwegverzweigungen darf in der Regel das einflüglige Signalbild nur für einen, und zwar für den Fahrweg erscheinen, der die größte Geschwindigkeit zuläßt. Die übrigen Fahrwege sind ohne Rücksicht auf die Geschwindigkeit, die nach dem baulichen Zustand des Fahrweges zulässig wäre, durch das zweiflüglige Signalbild zu kennzeichnen. | |||||||
3. | Bei Ausfahrsignalen von Kopfbahnhöfen und in ähnlich gelagerten Fällen kann ausnahmsweise mit Zustimmung des Reichsverkehrsministers an Stelle des zweiflügligen Signalbildes das einflüglige Signalbild verwendet werden, wenn es nach den örtlichen und betrieblichen Verhältnissen ausgeschlossen ist, daß Züge, einzeln fahrende Lokomotiven oder Triebwagen in dem an das Ausfahrsignal anschließenden Weichenbereich eine Geschwindigkeit von mehr als 40 km/h oder, wenn Weichen mit einem Halbmesser von weniger als 190 m in Frage kommen, von mehr als 30 km/h erreichen können. | |||||||
4. | Bei einem Gruppen-Ausfahrsignal, das bestimmungsgemäß hinter dem Zusammenlauf der Fahrwege angeordnet werden muß, sind für die Entscheidung der Frage, ob für einen Fahrweg das ein- oder zweiflüglige Signalbild zu verwenden ist, nur die hinter diesem Signal liegenden Weichen maßgebend. | |||||||
§ 7. – Abstand der Signale vom Gefahrpunkt | ||||||||
Als Abstand der Einfahrsignale (§ 2) und Deckungssignale (§ 5) vom Gefahrpunkt ist zu wählen
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§ 8. – Vorsignale | ||||||||
1. | Einfahrsignale (§ 2), Blocksignale (§ 4) und Deckungssignale (§ 5), die wegen örtlicher Hindernisse bei klarem Wetter nicht auf Bremsweglänge gesichtet werden können, sind, wenn es sich um Hauptsignale handelt, mit Vorsignalen, wenn es sich um verstellbare Deckungsscheiben handelt, mit verstellbaren Deckungsvorscheiben zu verbinden. | |||||||
2. | Der Abstand des Vorsignals vom zugehörigen Hauptsignal bzw. der Deckungsvorscheibe von der Deckungsscheibe ist auf 400 oder 700 m zu bemessen, je nachdem auf der betreffenden Strecke die Bremstafel für 400 oder 700 m Bremsweg gilt. | |||||||
3. | Wo keine Vorsignale oder Deckungsvorscheiben erforderlich sind, ist in einer Entfernung von 400 oder 700 m vor dem Hauptsignal oder der Deckungsscheibe eine unbeleuchtete Kreuztafel (Kennzeichen K 16) aufzustellen. | |||||||
§ 9. – Signalausschlüsse | ||||||||
Feindliche Signale müssen sich zwangsläufig gegenseitig ausschließen, wobei auch Schlüsselabhängigkeit in Frage kommen kann. Für Betriebsstellen eingleisiger Bahnen, deren Signale für längere Zeit oder für regelmäßig wiederkehrende Zeitabschnitte die Stellung auf „Fahrt frei“ einnehmen dürfen (BO § 50 (1)), kann der Reichsverkehrsminister Ausnahmen zulassen. | ||||||||
§ 10. – Weichensicherung | ||||||||
1. | Auf der freien Strecke liegende Weichen, die von Zügen mit mehr als 50 km/h befahren werden sollen, müssen mit ihren Deckungssignalen, die Weichen innerhalb der Bahnhöfe, die von Zügen mit mehr als 50 km/h befahren werden sollen, mit den für den Fahrweg gültigen Signalen derart in Abhängigkeit gebracht werden, daß die Signale erst auf Fahrt gestellt werden können, wenn die Weichen richtig stehen, und daß diese verschlossen sind, solange die Signale auf Fahrt stehen. Hierbei kommt auch Schlüsselabhängigkeit in Frage. | |||||||
2. | Weichen, die im regelmäßigen Betriebe von Zügen mit mehr als 35 km/h gegen die Spitze befahren werden und nicht von einem für den Fahrweg gültigen Signal abhängig sind, müssen örtlich durch Handschloß gesichert werde, dessen Schlüssel an einem vorschriftsmäßigen Schlüsselbrett oder an einer vorschriftsmäßigen Schlüsseltafel aufzubewahren sind. | |||||||
3. | Für den Flankenschutz der Reisezüge ist nach Möglichkeit durch entsprechende Vorkehrung zu sorgen. Die Schutzweichen oder sonstigen Flankenschutzeinrichtungen müssen mit den für den Fahrweg gültigen Signalen in Abhängigkeit gebracht werden, wenn die gegen die Flankenfahrt zu schützende Stelle mit mehr als 50 km/h befahren wird. | |||||||
4. | Die von Reisezügen gegen die Spitze befahrenen fernbedienten Weichen sind durch Fahrstraßenfestlegung oder Einzelsicherung gegen Umstellen unter dem Zug zu schützen, wenn sie mit mehr als 50 km/h befahren werden. Neue Sperrschienen und Zeitverschlüsse sind jedoch nicht zu beschaffen. | |||||||
5. | Die Einfahrweichen | Die Weichen in den Hauptgleisen | ||||||
müssen mit Weichensignalen versehen sein, wenn sie nicht mit den für den Fahrweg gültigen Signalen in gegenseitiger Abhängigkeit stehen oder für gewöhnlich verschlossen gehalten werden (BO § 21 (21)). | ||||||||
§ 11. – Fernmeldeanlagen | ||||||||
1. | Die Zugfolgestrecken der Strecken, die mit mehr als 40 km/h befahren werden, sind durch Telegraph, die Zugfolgestellen der sonstigen Strecken durch Fernsprecher zu verbinden (BO § 19 (1)). | |||||||
2. | Bahnstrecken, die mit mehr als 40 km/h befahren werden, sind mit Läutewerken oder anderen Vorrichtungen zu versehen, wodurch die Schrankenwärter von dem Abgange der Züge benachrichtigt werden können (BO § 19 (3)). | |||||||
Mit Genehmigung des Präsidenten der Reichsbahndirektion als Aufsichtsbehörde kann hiervon abgesehen werden, wenn sich Schrankenposten nur in der unmittelbaren Nähe von Bahnhöfen, nicht aber auf der freien Strecke befinden. |