Wie ich dazu kam, mich mit dem Thema zu beschäftigen

Foto: Steffen Buhr auf einer Brücke am Geländer, im Hintergrund Gleise, Oberleitungsmaste und das Stellwerk Grünauer Kreuz

1964 in Mühlhausen/Thüringen geboren, je­doch seit dem zwei­ten Le­bens­jahr in Ber­lin woh­nend, spiel­te ich spä­ter mit der Mo­dell­ei­sen­bahn mei­nes Va­ters. Den­noch be­gann ich nach der in der DDR üb­li­chen zehn­jäh­ri­gen Schul­zeit nicht ganz frei­wil­lig die Aus­bil­dung zum Elek­tro­sig­nal­me­cha­ni­ker bei der Deut­schen Reichs­bahn. 1981 kam ich noch wäh­rend der Aus­bil­dung auf den Bahn­hof Rum­mels­burg. Dort hat­ten wir uns un­ter an­de­rem auch um den sei­ner­zeit noch mit Sig­nal­ver­bin­dun­gen (Sv-Sig­na­len) aus­ge­rü­ste­ten Stre­cken­ab­schnitt Ost­kreuz (a)—Karls­horst zu küm­mern, wo­durch ich den selbst­tä­ti­gen Stre­cken­block der Bau­art 1937 ken­nen­lern­te. Die­se Sig­na­le stan­den in der Re­gel auf Be­ton­fun­da­men­ten und zu je­dem Sig­nal ge­hör­te ein ver­schlos­se­ner Schrank, der die zum Sig­nal ge­hö­ren­de Schalt­an­la­ge be­her­berg­te.

Irgendwann fielen mir dann an den parallel ver­lau­fen­den Fern­glei­sen ähn­li­che Schrän­ke und ähn­li­che, je­doch et­was grö­ße­re Mast­fun­da­men­te auf, auf de­nen kei­ne Sig­na­le mehr stan­den. Au­ßer­dem wa­ren die Fern­glei­se in Rich­tung Ost­bahn­hof mit Gleis­strom­krei­sen iso­liert und die bei­den be­tei­lig­ten elek­tro­me­cha­ni­schen Stell­wer­ke Rga und Vnk hat­ten für die­se Glei­se kei­nen „rich­ti­gen“ Stre­cken­block, wie ich es wäh­rend der Aus­bil­dung ge­lernt hat­te. Dort lie­ßen sich die Fahr­stra­ßen­sig­nal­he­bel nach der Auf­lö­sung so­fort wie­der bis 90° um­le­gen, le­dig­lich das zu­ge­hö­ri­ge Hl-Sig­nal kam nicht gleich in die Fahrt­stel­lung, son­dern erst nach­dem der Stre­cken­ab­schnitt frei­ge­fah­ren war. Mei­ne Fra­gen, was das denn nun ge­we­sen sei, konn­te nie­mand rich­tig be­ant­wor­ten. Daß dort schon ein­mal Licht­sig­na­le ge­stan­den ha­ben, war zu er­fah­ren. An­geb­lich hät­ten „die Rus­sen“ die als Kriegs­beu­te ab­trans­por­tiert. Dazu paß­ten die ste­hen­ge­blie­be­nen Schrän­ke je­doch nicht, ohne die die Sig­na­le recht nutz­los sind.

Jahre später, inzwischen arbeitete ich im tech­ni­schen Büro der Sig­nal- und Fern­mel­de­mei­ste­rei, be­kam ich von ei­nem Kol­le­gen die Ko­pie ei­nes Ak­ten­ver­merks von 1939, in dem es um eben jene Sig­na­le ging:

Betrifft: Einbau der Lichttagessignale für die selbsttätige
Streckenblockung auf der Stadtfernbahn.

Die Fahrschaulinien zur Ermittlung der Standorte der neuen Licht-
tagessignale der Stadtfernbahn wurden für eine Zugdichte von 4 Min
aufgestellt. Unter Festsetzung eines durchschnittlichen Bremsweges
von 200 m ergab sich bei Anordnung von Haupt- und Vorsignal an ge-
meinschaftlichem Mast ein mittlerer Signalabstand von 550 m. […]

Holla, vier Minuten Zugfolge bei nur 60 km/h Höchst­ge­schwin­dig­keit auf der Stadt­bahn und Zug­för­de­rung mit den schwer­fäl­li­gen Dampf­loks. Mein In­te­res­se war aufs neue ge­weckt. Zu­nächst ver­mu­te­te ich, daß es sich um ei­nen Vor­läu­fer des heu­te noch im Be­reich der ehe­ma­li­gen Deut­schen Bun­des­bahn vor­han­de­nen H/V-Sig­nalsy­stems han­del­te, eben nur mit den Nacht­zei­chen der Haupt- und Vor­sig­na­le nach der da­mals gül­ti­gen Sig­nal­ord­nung. Sei­ner­zeit zeig­ten die Haupt­sig­na­le bei Hp 0 ein ro­tes Licht, bei Hp 1 ein grü­nes Licht, bei Hp 2 zwei grü­ne Lich­ter un­ter­ein­an­der und bei Hp 3 drei grü­ne Lich­ter un­ter­ein­an­der, die Vor­sig­na­le bei Vz 1 zwei von links nach rechts stei­gen­de gel­be Lich­ter, bei Vz 2 zwei von links nach rechts stei­gen­de grü­ne Lich­ter und bei Vz 3 zwei von links nach rechts stei­gen­de gel­be Lich­ter und zu­sätz­lich senk­recht un­ter dem rech­ten gel­ben Licht je­doch hö­her als das lin­ke gel­be Licht ein grü­nes Licht. Das soll­te sich, was die Haupt­sig­na­le be­trifft, noch als nicht ganz rich­tig her­aus­stel­len. Lei­der ließ ich we­gen aus­blei­ben­der „Fahn­dungs­er­fol­ge“ die Sa­che nach kur­zer Zeit wie­der ein­schla­fen, was ich spä­ter noch be­reu­en soll­te, denn es folg­te die Bahn­re­form.

Wieder einige Jahre später war ich an der Ab­nah­me des elek­tro­ni­schen Stell­werks Ber­lin Ost­bahn­hof Fern­bahn be­tei­ligt. Viel­leicht er­in­nert sich der eine oder an­de­re noch an die am er­sten Be­triebs­tag nach der Stadt­bahn­sa­nie­rung herr­schen­den chao­ti­schen Zu­stän­de (Ver­wei­se s.u.). In die­sem Zu­sam­men­hang wa­ren Äu­ße­run­gen zu ver­neh­men, die ge­plan­te dich­te­ste Zug­fol­ge von fünf Mi­nu­ten sei auf der Stadt­bahn über­haupt nicht fahr­bar, de­nen ich selbst­ver­ständ­lich wider­sprach. Das war für mich der end­gül­ti­ge An­stoß, mich auf die Su­che nach den Ak­ten des Pro­jek­tes „Stadt­fern­bahn“ zu ma­chen. Ich wur­de dann auch fün­dig und wenn man erst mal da­bei ist …


Hier ist eine Auswahl in der Berliner Zei­tung er­schie­ne­ner Ar­ti­kel zur Wie­der­er­öff­nung des Fern­bahn­ver­kehrs auf der Ber­li­ner Stadt­bahn am 24. Mai 1998, ei­nem Sonn­tag:

25.Mai:„Chaos auf der neu­en Stadt­bahn: Züge fie­len aus, Bahn­hö­fe über­füllt“
26.Mai:„Berliner Pannen wir­ken sich im gan­zen Bun­des­ge­biet aus“
6.Juni: „Expertengruppe sucht Ursache“


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Steffen Buhr
Schachtelhalmweg 40
12524 Berlin
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Anmerkung zu den Karten: Wegen even­tu­ell noch be­ste­hen­der Rech­te an den Über­sichts­kar­ten der Reichs­bahn­di­rek­tion Ber­lin habe ich so­wohl die Rechts­ab­tei­lung der DB AG als auch das Lan­des­ar­chiv Ber­lin an­ge­schrie­ben. Bei­de er­klär­ten sich für nicht zu­stän­dig. Ge­ge­be­nen­falls noch exi­stie­ren­de Rechte­in­ha­ber be­trach­te ich da­her als zur Zeit nicht er­mit­tel­bar, die­se wer­den zu­tref­fen­den­falls um Rück­mel­dung ge­be­ten. Ich bit­te dar­um, von An­fra­gen nach Ko­pien oder CD-Ver­sio­nen der Kar­ten ab­zu­se­hen.


Letzte Änderung am 1.9.2019
© Steffen Buhr